Offenbar gibt es ohne Chemie keinen Wein. Mehltau, Botrytis, Rebläuse und andere Schädlinge setzen den Reben zu sehr zu. Deshalb muss wohl oder übel gespritzt werden. Doch damit es in den Trauben im Herbst keine Rückstände mehr hat, empfiehlt die Forschungsanstalt in Wädenswil, spätestens am 20. August das letzte Mal zu spritzen. Nun da das Wetter in diesem Sommer sehr heiss war, ist das Traubenwachstum weiter fortgeschritten als in kühleren Jahren. Das bedeutet, dass man mit einer früheren Ernte rechnen kann. Deshalb gilt es, die notwendigen Spritzungen vorzuziehen, damit die letzte Spritzung bereits am 13. August vorgenommen werden kann.
Da wir selbst bei den Spritzarbeiten nie anwesend sind – auch nicht sein wollen -, bekamen wir als zusätzlichen Anschauungsunterricht den bereits in den Startblöcken stehenden Doppeltanksprayer vorgestellt. Im unteren Bereich wird mit Kupfer gespritzt, im oberen hingegen kupferlos. Kupfer ist übrigens selbst im Bioweinbau erlaubt, denn er ist wichtig, um die Reben gegen Traubenfäulnis und Mehltau zu schützen.
Vorbereiten auf die anstehende Behandlung
Und wie üblich wurden wir auch dieses Mal wieder kurzfristig aufgeboten, um unsere Rebstöcke zu säubern und für die Behandlung mit Schutzmittel vorzubereiten. Ausgedeutscht hiess dies, pro Trieb nur noch zwei Dolden hängen zu lassen und alle überzähligen abzuschneiden. Normalerweise nimmt man die dritte, oberste Dolde weg. Sind die Trauben jedoch verheddert, versucht man, sie von innen heraus abzuschneiden. An schwachen Trieben sowie an den Reserven reduzierten wir die Früchte auf lediglich eine Dolde. Zudem lichteten wir das Blattwerk um die Trauben weiter aus, sodass sie viel Licht bekommen, durch die Blätter dennoch ein bisschen vor Unwetter und direkter Sonneneinstrahlung geschützt sind. Geize, die in die Gasse hingen, mussten wir entfernen.
Allzu viel Arbeit erwartete uns nicht, denn scheinbar hatten wir unsere Aufgabe beim letzten Mal ordentlich gelöst. Das Lob des Winzers fiel entsprechend aus: „Ihr habt das beim letzten Mal relativ einigermassen sehr gut gemacht“ (wir zitieren ja nur). Bitte nicht zu überschwänglich – wir werden sonst übermütig. Aber gut. Nach kurzen anderthalb Stunden sahen unsere beiden Reihen bereits wieder adrett geputzt und ideal auf die kommende Behandlung vorbereitet aus.
Allergische Reaktionen
Weingärten stehen oft für Biodiversität. Gräser und Blumen helfen, die Erde vor Erosion zu schützen. Sie bieten auch Nützlingen gute Habitate, um Schädlinge zu bekämpfen. Nun müssen trotzdem immer wieder Fungizide, teilweise auch Pestizide ausgebracht werden. So bleibt beim Arbeiten eine Mischung von Pollen, natürlichen und chemischen Substanzen an den Händen zurück, die man lieber nicht auf Haut und Gesicht bringt. Sie löste bei einigen unachtsamen Hobbywinzern heftige Reaktionen aus. Also: Immer Handschuhe tragen, Hände weg vom Gesicht und im schlimmsten Fall Antihistamin einnehmen. Aus Erfahrung wird man klug.
Was tut sich bei der „Konkurrenz“?
Wie immer durften wir auch einen Blick auf die benachbarten Weinstöcke werfen; die kritische Analyse unseres Weinbauern bekamen wir gleich mitgeliefert. Die frühe Sorte des Muscats war bei diesem perfekten Sommerwetter schön gediehen; die ersten Trauben waren bereits reif. Auch den jungen Reben in der neu angelegten Parzelle geht es prächtig. Der Winzerkollege war mit einer Fräse durch die Gassen gefahren, was unser Lehrmeister als sehr mutig taxierte, denn er hätte damit die Wurzeln beschädigen können. Doch sei alles gut gegangen. Auch seien die jungen Pflanzen gewässert worden. Damit diese Massnahme auch greifen könne, müsse man pro Rebstock etwa zehn Liter Wasser einsetzen. Auf der neuen Parzelle befinden sich 1300 Rebstöcke. Man rechne: Es benötigte sehr, sehr viel Wasser.
Selbstverständlich wurde auch dieser Einsatz mit einer Runde spritzigen Weissweins – einem Cuvée aus Trauben dreier ortsansässiger Winzer – und gemütlichem Plaudern abgerundet.
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