11. Das lange Warten

Es sind einige Wochen ins Land gegangen, seit wir mit einem gehörigen Schub Energie unsere gehätschelten Trauben ins Trockene gebracht haben. Seither heisst es: warten. Mental begleiten wir die Zeit der Reifung unseres Tropfens jedoch weiterhin.

Wein zu produzieren, erfordert unter anderem Geduld. Denn so intensiv die Arbeit im Rebberg auch ist: Bis das Endresultat endlich verkostet werden kann, braucht es einen langen Atem. Auch wenn wir gegenwärtig nicht aktiv auf dem Weingut beschäftigt sind, heisst das nicht, dass wir das Thema Wein vollends aus unseren Gedanken verbannt hätten. Zugegeben, wir befassen uns aktuell hauptsächlich mit dem Konsum von Wein – es gibt ja stets zig Gelegenheiten, um einen edlen Rebensaft zu kredenzen. Das verkürzt uns auf angenehme Weise die Wartezeit bis zum nächsten Arbeitsschritt.

Verschiedene Prozessschritte nach der Ernte

Aufmerksame Blogleser konnten unschwer feststellen, dass sich unsere Einsätze im Rebberg auf wenige, dafür intensive Prozessschritte beschränkten. Weder beim Gras schneiden noch beim Spritzen waren wir im Einsatz. Auch gehörte alles, was in den ersten Wochen nach der Wümmet anfiel, nicht zu unseren Aufgaben. Doch der Vollständigkeit halber wollen wir unseren Erlebnisbericht mit dem theoretischen Wissen zu Weinherstellung komplettieren. Dass der Rotwein, im Gegensatz zum Weisswein, in der Maische gärt, haben wir im letzten Blog bereits erwähnt. Der Grund dafür ist, dass sich die Farbstoffe in den Beerenhäuten befinden – sie geben dem Rotwein seine Farbe. Unschwer zu erraten, dass bei längerer Gärung in der Maische auch die Farbe des Weins intensiver wird. Zudem ist die Maische verantwortlich für die Tanningewinnung. Der Tanningehalt gibt dem Wein seine Struktur und beeinflusst seine Haltbarkeit wesentlich.

Der Gärvorgang wird durch das Hinzufügen von spezieller Hefe in Gang gesetzt.Der Gärvorgang wird durch das Hinzufügen von spezieller Hefe in Gang gesetzt. (Foto by: PANORAMO / fotolia.com)

Der Gärvorgang wird durch das Hinzufügen von spezieller Hefe in Gang gesetzt. Je tiefer die Gärtemperatur, desto länger dauert der Prozess. Die Flüssigkeit kann sich aber bis auf 30 Grad aufheizen, was viel zu warm ist und zur Folge hätte, dass der Wein zu schnell durchgärt. Deshalb wird die Temperatur mit Wasserkühlung möglichst konstant gehalten. Ein aufwendiger und arbeitsintensiver Prozess. Gehaltvolle, schwere Rotweine gären etwa zwei Wochen in der Maische; schwere, dicke Weine wie Barolo bis zu vier Wochen.

Nun folgt das Keltern. Das Gros der Flüssigkeit läuft ohne Pressung ab. Die Restflüssigkeit, die am Schluss noch abgepresst werden muss, nennt man Presswein. Dieser enthält einen sehr hohen Anteil an Tannin. Der Weinbauer entscheidet dann, wie viel vom Presswein er dem Wein wieder zufügt. Zum Ausbau des Rotweins ruht der Rebensaft während einiger Monate in Tanks oder besser noch, in Holzfässern. Kräftige, gehaltvolle Rotweine reifen mehrere Jahre im Barriquefass. Das Holz beeinflusst Farbe und Geschmack der Weine. Bei jungen Fässern kann der Holzgeschmack den Wein dominieren. Zu alte Fässer wiederum können die Ursache dafür sein, dass der Wein muffig oder abgestanden schmeckt.

Ist der Wein in Flaschen abgefüllt, wird er in einem hoffentlich adäquaten Keller bis zur Trinkreife gelagert. Wann ein Rotwein trinkreif ist, darüber scheiden sich die Geister, auch wenn die Zusammensetzung der verschiedenen Rebensorten ein wichtiger Indikator darstellt. So wissen die Weinkenner selbstredend, dass gute Bordeauxweine, aber auch Burgunder oder Barolo, mindestens zehn Jahre lagern müssten, bis sie den vollendeten Trinkgenuss liefern. Manche Weine werden generell zu früh getrunken, was schade ist. Oft wird dann versucht, den hohen Tanningehalt durch Dekantieren zu mildern. Damit tut man dem Wein unrecht. Ungeduld ist beim Weingenuss ein schlechter Ratgeber – man bringt sich damit selbst um den ambrosischen Genuss eines vollendeten Weins.

Unser Tropfen wird kaum zehn Jahre lagern müssen.Unser Tropfen wird kaum zehn Jahre lagern müssen. (Foto by: Matteo Groppo / fotolia.com)

... und unser Blauburgunder?

Wir meldeten zu Beginn unseres Kurses ja scherzhaft an, unter einem Barrique würden wir uns nicht zufriedengeben. Gesagt, getan: Der warme, sonnige Sommer hat uns nun tatsächlich dazu verholfen. Unser Tropfen wird kaum zehn Jahre lagern müssen, bis er Trinkreife erreicht hat. Doch gegenwärtig ruht er nun im Holzfass. Jetzt sind wir gespannt, wie lange noch. In den nächsten Wochen ist ein weiterer Theorieabend geplant – bestimmt erhalten wir dann neue Informationen zu den nächsten Prozessschritten. Währenddessen trinken wir mit einem reifen Wein auf den hervorragenden Jahrgang 2015.


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