Als Master of Wine zu den ultimativen Wein-Meriten

Wer einfach gerne ab und an zu einem gediegenen Essen ein Glas Wein geniessen will, wird sich kaum mit dem Master of Wine und dem Dunstkreis seines Wirkens befassen.

Weinkenner - Masters of WineWeinkenner - Masters of Wine (Foto by: FreeProd / Depositphotos)

Respekt ist tatsächlich angebracht. Denn um an den Titel eines Masters of Wine zu gelangen, ist der Weg steinig und lang. Lediglich um die 100 Studenten werden jährlich zum Kurs zugelassen. Davon bestehen drei bis fünf die Prüfungen. An manchen Jahren fallen gar alle durch. Wahrlich, man muss ein unbeirrbarer Weinliebhaber sein, um sich diese Strapazen, mit wenig Aussicht auf Erfolg, anzutun.

Das Institute of Masters of Wine (IMW)

Das Institut, das den exklusiven „Master-of-Wine-Titel“ verleiht, wurde in den 1950er Jahren als Non-Profit-Organisation gegründet. Es hat seinen Hauptsitz in London. Ursprünglich war die Absicht, den britischen Weinhändlern durch eine Zusatzausbildung erweitertes Know-how und bessere Qualifikationen zukommen zu lassen. So durften bis in die 1980er Jahren lediglich in England ansässige Weinhändler den Lehrgang absolvieren, wobei das Institut definierte, was es unter Weinhändler verstand. Seit 1987 werden nicht mehr nur Weinhändler, sondern beispielsweise auch Weinjournalisten oder –autoren, aber auch Weinpassionierte von ausserhalb Englands zugelassen. Die Engländerin Jancis Robinson war 1984 erste Master of Wine, die nicht aus der Gilde der Weinhändler stammt; Robinson ist als Journalistin tätig und hat sich als Weinkritikerin einen grossen Namen gemacht.

Tougher Lehrgang

Wer zum zweijährigen Lehrgang zugelassen wird, verbringt viel Zeit beim Selbststudium. Vorbereitungsseminare werden in Grossbritannien, Australien, in den USA und in Österreich abgehalten. Die Abschlussprüfungen finden jährlich einmal statt, und zwar an allen Orten zeitgleich. Die Prüfung besteht aus einem theoretischen und einem praktischen Teil. Geprüft werden unter anderem Aspekte des Weinbaus, der Kellertechnik, Unternehmensführung und Qualitätskontrolle, aber auch gesellschaftliche Themen: etwa der Umgang der Gesellschaft mit Alkohol oder wie Kultur und Gesellschaft von Wein beeinflusst werden. Ebenfalls gepfeffert ist die praktische Prüfung: Hier müssen innerhalb dreissig Minuten zwölf Weine blind degustiert, identifiziert und analysiert werden – eine Übung, bei der wir alle hochkant scheitern würden. Bei Blinddegustationen können Normalsterbliche oft nicht einmal Weiss- von Rotwein unterscheiden.

Zum Schluss folgt die Kleinigkeit einer Masterarbeit, bei der die Kursteilnehmer eine 10'000 Wörter umfassende Abhandlung zu einem selbst gewählten Weinthema schreiben müssen. Wer nun glaubt, ein Master of Wine sei in der Lage, jede Traube zu identifizieren und könne von einer Weinprobe das Kelterungsjahr ableiten, der irrt. Als Master of Wine ist man ein Generalist mit einem immensen Fachwissen.

Details wie Anbauregion oder Qualitätsstufen können sie aber erkennen. Um à jour zu bleiben, müssen Masters of Wine viel Reisen, Weingüter besuchen, Trouvaillen aufstöbern, sich mit anderen Weinexperten austauschen und – wie beneidenswert – jede Woche unzählige Tropfen degustieren. Wenn das mal nicht nach Traumberuf aussieht.

Was bringt der Titel?

Kurz gesagt: Ruhm, Ehre, Bekanntheit und Einfluss. Denn der Titel ist eine Referenz, wenn’s um Weinwissen geht. Masters of Wine werden gerne um Rat oder ihre Meinung gefragt. Sie werden gebeten, in der einschlägigen Fachliteratur Weinartikel beizusteuern, deren Inhalt mindestens so gehaltvoll sein soll, wie die Weine, über die sie schreiben. Weinhändler mit dem magischen Zusatz „MW“ erzielen mit dem Bestehen der Prüfung sofort einen ungeahnten Bekanntheitsgrad.

Selbstverständlich wird dieser exklusive Titel gerade die betuchte Kundschaft anlocken. Dennoch, auf den Lorbeeren ausruhen, dürfen sich auch die Masters of Wine nicht. Denn der Anspruch an ihr Expertenwissen ist ungleich höher als an einen profanen Weinhändler.

Werden die Kunden in ihren Erwartungen enttäuscht, werden sie über kurz oder lang wegbleiben. Für uns Otto Normalverbraucher ist ein Master of Wine insofern eine Bereicherung, als dass wir sein gewichtiges Verdikt in Büchern, Kolumnen und Fachartikeln nachlesen können. So lassen sie interessierte Weintrinker, die mehr zum edlen Tropfen in ihrem Glas wissen wollen, an ihrem unerschöpflichen Wissensfundus teilhaben.

Bei einem mit MW dekorierten Weinhändler hat man die Gewähr, dass es sich um einen ausgewiesenen Spezialisten handelt, der sein profundes Wissen bei umfassenden Tests bewiesen hat. In der Schweiz sind gerade mal drei Masters of Wine ansässig – wir werden uns in den meisten Fällen also an ganz normale Weinhändler halten müssen. Aber was soll’s – ob mit oder ohne magisches „MW“: Solange wir den Wein aus unserem Keller geniessen und Freude daran haben, ist doch eigentlich alles gut.


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